«Ich kann mich selbst verändern, aber nicht die anderen.»
Verstehen Sie Deutsch? Das ist eine der ersten Fragen, die Eric Ekwalla gestellt werden, wenn er sich neuen Kund*innen vorstellt. Der diplomierte Pflegefachmann arbeitet seit acht Jahren für die Spitex SAW. Er erzählt, was er aufgrund seines Aussehens erlebt.
«Ich spreche fünf Sprachen, zwei afrikanische, Douala und Bakaka, sowie Deutsch, Französisch und Englisch. Aufgewachsen bin ich in Kamerun. Schon als Schüler wollte ich die Welt entdecken. Darum verliess ich vor etwa fünfundzwanzig Jahren meine Heimat und ging nach Deutschland, wo ich Geschichte studiert habe. Allerdings war mir nicht klar, wohin mich dieses Studium führen könnte. Eine Bekannte machte mich auf den Beruf des Krankenpflegers aufmerksam. Je mehr ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir der Gedanke. Und so liess ich mich in Deutschland zum diplomierten Pflegefachmann ausbilden. Neben der medizinischen und sozialen Unterstützung, die ich den Menschen gebe, mag ich auch die administrativen Aufgaben am Computer. Es ist eine sehr abwechslungsreiche und erfüllende Arbeit, bei der mir auch meine Sprachkenntnisse zugutekommen. Ich habe meinen Entschluss nie bereut, auch wenn ich als Geschichtslehrer wahrscheinlich mehr verdienen könnte. 2009 führte mich ein spannendes Stellenangebot in die Schweiz und seit dem 1. August 2015 arbeite ich bei der SAW.
Eric Ekwalla versucht, sich immer
weniger von Rassismus verletzen
zu lassen: «Ich bin auf gutem Weg,
aber ich komme doch nie an.»
Es wäre falsch zu behaupten, dass ich mich in all den Jahren an fremdenfeindliche oder rassistische Vorkommnisse gewöhnt habe. Ich sage es so: Ich bin auf gutem Weg, aber ich komme doch nie an. Immer, wenn ich glaube, mir ein dickes Fell zugelegt zu haben, folgt wieder eine schmerzhafte Erfahrung – wie ein kalter Windstoss – und ich merke, dass ich immer noch nicht warm genug angezogen bin. Aber ich habe gelernt, es nicht mehr persönlich zu nehmen. Menschen, die mich beschimpfen, sind häufig auch zu anderen unfreundlich, ungeduldig und misstrauisch. Vielleicht sind sie eifersüchtig, weil sie denken, dass ich eine gute Stelle habe und mehr Geld verdiene, als ich es in meinem Herkunftsland tun würde. Sie vergessen dabei, dass ich ja nicht in Kamerun, sondern hier lebe, und mit meinem Lohn die gleichen Preise bezahle wie sie.
Ich versuche, die Menschen zu verstehen, und ich weiss, dass ich nur mich selbst verändern kann und nicht die anderen. Als Spitex-Mitarbeitende kommen wir unseren Kundinnen und Kunden sehr nahe. Wir besuchen sie in ihrem Zuhause und müssen zum Teil intime Fragen stellen, um beurteilen zu können, welche Unterstützung sie brauchen. Da kann ich gut nachvollziehen, wenn jemand Mühe hat, zu vertrauen, oder wenn sich eine ältere Frau nicht von einem Mann waschen lassen möchte. Da kann es eine Lösung sein, wenn eine Mitarbeiterin die Aufgabe übernimmt. Empfindlich reagiere ich, wenn etwas Falsches behauptet wird, nur um jemandem zu schaden. Beispielsweise, dass etwas gestohlen wurde, dabei wurde es absichtlich beiseitegelegt oder versteckt. Auch solche Dinge kommen leider vor. Bei Problemen halte ich mich an die vorgeschriebenen Abläufe und schalte meine Vorgesetzten ein. Bei rassistischen Vorfällen erhielt ich stets Unterstützung. Auch meinen beiden Töchtern versuche ich beizubringen, dass es keinen Sinn hat, die Fehler bei anderen zu suchen. Letztlich kann ich nur über mein tägliches Tun beweisen, dass die Vorurteile falsch sind. Das hat auch viele anfänglich misstrauischen Kundinnen und Kunden schliesslich überzeugt.»